Karl Trumpf: Ein Bildhauer und Meister des Unsichtbaren

12.03.2024 Allgemein Kommentare geschlossen

Das ruhende Mädchen aus dem Stadtbad Lichtenberg

Am kommenden Mittwoch den 13. März 2024 jährt sich zum 65. Mal der Todestag von Karl Trumpf, einem Bildhauer, dessen Werk und Einfluss auf die Kunstwelt auch heute noch spürbar sind. Geboren in einer Zeit des kulturellen Umbruchs, verstand es Trumpf meisterhaft, die Strömungen seiner Epoche in seinen Skulpturen zu verarbeiten und zugleich zeitlose Fragen der Menschlichkeit und Ästhetik zu stellen.

Karl Trumpf erblickte am 3. Januar 1891 in Berlin das Licht der Welt. Bereits im Alter von acht Monaten, nachdem er seine Eltern verloren hatte, fand er bei einem Bergmann in Gräfenhainichen ein neues Zuhause. Mit vierzehn Jahren begann er in der Lutherstadt Wittenberg eine Lehre im Steinmetzhandwerk. Schon früh zeigte sich sein ausgeprägtes Talent für die Bildhauerei, welches er durch das Anfertigen erster Steinfiguren zum Ausdruck brachte. Ab dem Jahr 1908 zog es ihn in die Ferne; er ging auf Wanderschaft und sammelte als Steinbildhauer auf diversen Baustellen Erfahrungen. Trotz der anstrengenden Arbeit am Tage, besuchte er Abendschulen, um sich das nötige Wissen anzueignen und sparte gleichzeitig mit großer Mühe Geld, um ein Studium an den staatlichen Kunstakademien in Berlin und München finanzieren zu können – und dies alles aus eigener Kraft. Im Sommersemester 1913 immatrikulierte er sich an der Königlichen Akademischen Hochschule für bildende Künste in Charlottenburg, Berlin, wo er die Klasse für Perspektive unter Wilhelm Herwarth und den Kunstgeschichte-Kurs bei Georg Gallend belegte. Im Mai 1914 setzte er sein Studium an der Staatlichen Kunstakademie in München fort und wurde in die Bildhauerklasse von Erwin Kurz aufgenommen, einem Schüler von Adolf von Hildebrand. Später wurde er ein Schüler von Professor Franz Metzner, dem Schöpfer des Leipziger Völkerschlachtdenkmals, und arbeitete auch unter Professor Richard Engelmann in Weimar. Karl Trumpf erlangte erstmals öffentliche Anerkennung durch seine Mitwirkung in Ausstellungen der Berliner Sezession und der Akademie der Künste. In einem Artikel der Kunstzeitschrift „Die Kunst für alle“ aus dem Jahre 1926-27 wird sein Schaffen wie folgt gewürdigt:

Seine Skulpturen, in natürlicher Pose dargestellt, sind bildnerisch und menschlich erlebt und lassen ein starkes Formgefühl erkennen. Ein treffendes Beispiel hierfür ist das lebensgroße ruhende Mädchen, welches in der Vorhalle des Berliner städtischen Gesundheitsamtes stand und erstmalig 1920 auf der Berliner Sezession gezeigt wurde. Man stelle die sich lieblich reckende Mädchenfigur auf einer Weise in Gottes freier Natur vor. Dieses Bildwerk ist höchste Kunst. Selten wurde organisches Leben so in natürliche Pose und einfache Form gebannt. Dieser Dreiklang ist es wohl auch, weshalb man diese Plastik immer wieder sehen möchte.

Das Frühwerk von Karl Trumpf ist durch die Einflüsse des Expressionismus und der aufkommenden Moderne geprägt und offenbart eine intensive Beschäftigung mit der menschlichen Gestalt sowie deren emotionaler Ausdruckskraft. Seine Skulpturen aus jener Zeit, vorwiegend in Stein oder Bronze gefertigt, bestechen durch ihre rohe, unverfeinerte Ästhetik, die den Betrachter sofort fesselt. Im Laufe der Jahre entstanden diverse Porträtbüsten bedeutender Persönlichkeiten, darunter des Berliner Oberbürgermeisters Gustav Böß, Friedrich Ebert, des Gewerkschaftsführers Hans Böckler, eine monumentale Büste von August Bebel und viele weitere.

Im weiteren Verlauf seiner Karriere begann Trumpf zunehmend, mit abstrakten Formen und neuen Materialien zu experimentieren, wobei er nie den Bezug zum Menschlichen aus den Augen verlor. Die Arbeiten aus seinen späteren Jahren markieren eine beeindruckende Entwicklung hin zu einer Kunstform, die sich nicht allein im Sichtbaren manifestiert, sondern auch im Verborgenen ihre Wurzeln hat. Es entstanden Werke, die sowohl den Raum als auch die Leere gestalten – ebenso intensiv wie das Material selbst.

Trotz der Anerkennung in Fachkreisen blieb Karl Trumpf der breiten Öffentlichkeit weitestgehend unbekannt, möglicherweise auch bedingt durch die Zurückhaltung, mit der er sein Leben und künstlerisches Schaffen gestaltete. Trumpf war kein Mann der vielen Worte oder der öffentlichen Inszenierungen; er ließ vielmehr seine Werke für sich selbst sprechen.

Berlin, die Geburtsstadt des Künstlers, erwies ihm Anerkennung und Wertschätzung durch den Ankauf einiger seiner Werke. Unter diesen befand sich auch die Skulptur „Ruhendes Mädchen“, die zunächst in der Vorhalle des städtischen Gesundheitsamtes von Berlin ihren Platz fand. Im Jahr 1929 veranlasste Oberbürgermeister Gustav Böß, dass diese Figur als Schenkung in das Volksbad Lichtenberg verbracht wurde, das bereits im Vorjahr eröffnet hatte. Das Bad, gelegen in der Hubertusstraße, schmückte sich fortan mit dieser Figur, die zum charakteristischen Merkmal der Einrichtung avancierte. Trotz der Wirren des Zweiten Weltkriegs blieb die Skulptur erhalten. Jedoch wurde sie durch eine Unachtsamkeit des damaligen Liegenschaftsfonds von Berlin, die heute als Berliner Immobilienmanagement GmbH bekannt ist, zwischen Juni und September 2011 aus dem seit Jahren wegen Baumängeln geschlossenen Stadtbade gestohlen. Für die Einwohner von Lichtenberg stellt der Verlust dieser Skulptur eine tiefe Zäsur dar, ein Verlust, der als endgültig hingenommen werden musste. Trotz intensiver Bemühungen blieb die Suche nach der Figur ergebnislos, ebenso wie der Versuch, sie zu ersetzen oder eine Kopie anzufertigen. Selbst die ursprüngliche Gießerei konnte nicht mehr ausfindig gemacht werden. Die Plastik, die etwa 1,50 Meter in der Breite, rund 1,00 Meter in der Höhe und 60 cm in der Tiefe misst und circa 100 kg wiegt, bleibt somit verschollen.

Wir appellieren an alle Leserinnen und Leser, uns in unserer Recherche zu unterstützen und heißen jegliche Hinweise willkommen. Besonders wertvoll wären für uns Bilder aus der Zeit vor dem Jahr 2011.

 

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