Stadtbad Lichtenberg

Erbbaurechtsvergabe im Bieterverfahren

Die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) beabsichtigt im Auftrag des Berliner Senats, das Stadtbad Lichtenberg im Rahmen eines Bieterverfahrens an einen finanziell starken Betreiber zu vergeben. Als Rechtsgrundlage wird die Bestellung eines Erbbaurechts in Betracht gezogen.

Welche Chancen ein solches Verfahren bietet und welche Risiken damit verbunden sind, möchten wir im Folgenden erläutern.

Unter einer Erbbaurechtsvergabe im Bieterverfahren versteht man im Allgemeinen Folgendes:

Die öffentliche Hand (z. B. eine Kommune oder ein Land) oder ein privater Eigentümer schreibt ein Grundstück oder eine Immobilie nicht zum Verkauf, sondern zur Vergabe eines Erbbaurechts aus. Das heißt, der Erwerber erhält das Recht, die Immobilie oder das Grundstück über einen langen Zeitraum (häufig 50 bis 99 Jahre) zu nutzen und zu bebauen, ohne dass das Eigentum an Grund und Boden übertragen wird.
Im Bieterverfahren können Interessenten Angebote abgeben – meist bezogen auf den jährlich zu zahlenden Erbbauzins, auf Investitionszusagen (z. B. Sanierung eines Gebäudes) oder auf Nutzungskonzepte (etwa soziale, kulturelle oder wirtschaftliche Nutzung).
Am Ende entscheidet der Erbbaurechtsgeber – oft unter Berücksichtigung eines Mixes aus finanziellen Angeboten und inhaltlicher Qualität (Konzeptqualität) – an wen das Erbbaurecht vergeben wird.


Probleme bei denkmalgeschützten Gebäuden im Rahmen eines solchen Bieterverfahrens:

Sanierungsaufwand und Kostenrisiken:
Denkmalgeschützte Bauten verlangen umfangreiche, kostenintensive Restaurierungen unter strengen Auflagen.
Diese Auflagen sind oft schwer kalkulierbar, sodass Bieter große Unsicherheiten hinsichtlich der Kosten haben. Das macht die Attraktivität einer Bewerbung geringer oder führt zu übervorsichtigen Angeboten.
Nutzungsrestriktionen:
Der Denkmalschutz schränkt die Möglichkeiten der Umnutzung erheblich ein. Nicht jede wirtschaftlich rentable Nutzung ist zulässig.
Potenzielle Bieter können ihr Investitionsmodell schwer anpassen, was wiederum das wirtschaftliche Risiko erhöht.
Verzögerungen durch Genehmigungsverfahren:
Maßnahmen an denkmalgeschützten Gebäuden müssen eng mit Denkmalschutzbehörden abgestimmt werden.
Diese Abstimmungen sind oft zeitintensiv und können dazu führen, dass Sanierungspläne verzögert oder gar geändert werden müssen.
Erbbauzinsanpassungen:
Da der Erbbauzins in vielen Fällen von der erzielbaren Nutzung abhängt, können die strengen Vorgaben bei einem denkmalgeschützten Objekt zu Diskussionen über angemessene Zinskonditionen führen.
Manche Bieter fordern dann einen niedrigeren Erbbauzins oder Sonderkonditionen, was die Kalkulation für den Eigentümer erschwert.
Investorenqualität:
Gerade bei historischen Immobilien ist es besonders wichtig, erfahrene, verantwortungsvolle Investoren zu finden.
Im Bieterverfahren besteht das Risiko, dass Akteure bieten, die zwar finanziell stark erscheinen, aber wenig Erfahrung im sensiblen Umgang mit Denkmälern haben.

Was bedeutet diese Sachlage für das Stadtbad Lichtenberg?

Die beabsichtigte Vergabe des Stadtbads Lichtenberg im Wege eines Erbbaurechtsverfahrens stellt eine große Herausforderung dar, die sowohl für die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) als auch für potenzielle Investoren mit erheblichen Risiken verbunden ist. Der massive Sanierungsstau und die damit verbundenen Investitionskosten von rund 60 Millionen Euro derzeit, kombiniert mit dem umfassenden Denkmalschutz auf alle Gebäudeteile, schränken den Handlungsspielraum erheblich ein und verlangen ein außerordentlich hohes Maß an Fachkompetenz, finanzieller Stabilität sowie Sensibilität im Umgang mit historischer Bausubstanz.

Gesucht werden muss ein Investor, der nicht nur über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt, sondern auch umfassende Erfahrung mit der denkmalgerechten Sanierung komplexer Bauwerke nachweisen kann. Ein solcher Investor muss bereit sein, das hohe Kosten- und Zeitrisiko zu tragen und zugleich ein tragfähiges, denkmalverträgliches Nutzungskonzept vorzulegen, das wirtschaftlich nachhaltig ist.

Eine Aufweichung der Denkmalschutzauflagen erscheint aus heutiger Sicht kaum möglich, da der vollständige Schutzstatus integraler Bestandteil des kulturellen Erbes und der rechtlichen Rahmenbedingungen ist. Jede Planung muss sich daher streng an den Vorgaben der Denkmalpflege orientieren.

Das Verfahren bietet dennoch Chancen: Investoren erhalten durch das Erbbaurecht langfristige Planungssicherheit und können durch kreative, hochwertige Nutzungskonzepte – etwa im Bereich Kultur, Gesundheit, Bildung oder sogar einer Schwimmanlage mit zusätzlichen sportlichen Einrichtungen – ein Alleinstellungsmerkmal entwickeln, das sowohl gesellschaftliche Akzeptanz als auch eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit ermöglicht.

Trotzdem bleibt die Ausgangslage schwierig: Die Kombination aus hohem Finanzbedarf, regulatorischen Einschränkungen und unklarer wirtschaftlicher Perspektive macht das Projekt zu einer enormen Herausforderung. Nur ein außergewöhnlich qualifizierter und engagierter Investor wird in der Lage sein, die Risiken realistisch einzuschätzen und das Stadtbad Lichtenberg behutsam und zukunftsfähig zu revitalisieren.

Es bleibt zu hoffen, dass sich die BIM der Tragweite dieser Herausforderung bewusst ist. Auch ein Bieterverfahren verursacht erhebliche Kosten – Mittel, über die diese Stadt angesichts ihrer angespannten Haushaltslage nur begrenzt verfügt. Dieses Geld könnte deutlich sinnvoller eingesetzt werden, insbesondere wenn man bedenkt, dass ein seit Langem überfälliges Projekt längst vom Berliner Senat hätte vorgelegt werden müssen.

Wir werden die weitere Entwicklung aufmerksam und kritisch begleiten !!!

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